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Heinrich Büssing (* 29. Juni 1843 in Nordsteimke, heute zu Wolfsburg; † 27. Oktober 1929 in Braunschweig) war ein deutscher Erfinder und Unternehmer. Als Konstrukteur war er ein Pionier des LKW- und Omnibus-Baus. Er meldete fast 250 Patente an und gründete erfolgreich mehrere Unternehmen, darunter die spätere Büssing AG.Kindheit und Ausbildung [Bearbeiten]
Heinrich Büssing kam als zweites Kind und ältester Sohn des Dorfschmieds Johann Heinrich Büssing und seiner Ehefrau zur Welt. Er hatte acht Geschwister, von denen fünf schon im frühen Alter verstarben. Der Vater betrieb die Dorfschmiede in Nordsteimke und kam selbst aus einer alten Schmiede-Familie, in der dieser Berufszweig bis zum Großvater nachweisbar war. Büssings Mutter gehörte zum Familienzweig der von Steimker. Die Familie war bereits im 13. Jahrhundert in Nordsteimke ansässig.
Seine Kindheit verlebte Büssing im Elternhaus und half bereits als Kind in der väterlichen Schmiede mit. Nach seiner Schulzeit in einer einklassigen Volksschule von 1849-57 erlernte er in zwei Jahren das Schmiedehandwerk von seinem Vater. 1859 legte er vor der Schlossergilde in Vorsfelde sein Gesellstück ab, ein geschmiedetes Hufeisen. Später bezeichnete Büssing den väterlichen Betrieb als beste Lehrstätte. Ein Dorfschmied auf dem Lande hatte weite Bereiche des Handwerks abzudecken. Nach der Lehre arbeitete Büssing noch zwei Jahre lang bei einem Schmiedemeister im 30 km entfernten Braunschweig als Schmiedegeselle bei 12-14 stündiger Arbeitszeit (außer Sonntags). Mit Erreichen des 18. Lebensjahres begab sich Heinrich Büssing 1861 auf Wanderschaft. Er zog für eineinhalb Jahre durch Brandenburg, Sachsen, Franken, Bayern, Württemberg bis in die Schweiz. In seiner Wanderzeit sah Büssing voraus, dass die Zukunft nicht dem Handwerk, sondern der industriellen Großproduktion gehörte. Da er seine Bildung als unzureichend empfand, schrieb er sich 1863 gegen den Willen seines Vaters und obwohl er nur eine Dorfschule besucht hatte, im Braunschweiger Collegium Carolinum ein. Als Gasthörer studierte er drei Jahre lang Maschinenbau und Bautechnik.
Familienleben und Ehrungen [Bearbeiten]
Nach Studiumsende 1866 heiratete Büssing Marie Zimmermann, die Tochter des Hausverwalters der Hochschule. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor. 1866 wurde er wegen bedeutender Brustschwäche vom Militärdienst zurückgestellt. Nach dem Tode seiner Frau, 1900, heiratete Büssing im Alter von 67 Jahren die Tochter des Dürener Oberbürgermeisters. 1907 heiratete Büssings Tochter Hedwig ‚Hete‘ den Wiener Techniker Anton Fross. Dieser gründete 1909 in Wien-Brigittenau eine Maschinenfabrik, die ab 1915 unter dem Namen Fross-Büssing Lastkraftwagen unter Lizenz des Schwiegervaters produzierte.
Büssing verlor im Ersten Weltkrieg zwei seiner Enkel: beide hießen wie ihr Großvater Heinrich Büssing - und fielen als Soldaten der Fliegertruppe 1915 und 1918. 1916 wurde er zum Geheimen Baurat, 1923 zum Ehrenbürger von Braunschweig ernannt. 1929 starb Büssing im Alter von 86 Jahren.

Heinrich Büssing
als Flieger-Leutnant 1917 |
Heinrich wurde unter dem Namen 'Heinrich Pampel' am 03. März 1893 in Stolberg im Harz als Sohn des Bürgermeisters Pampel geboren, seine Mutter war Hete Büssing (Tochter des Omnibus-Fabrikanten Heinrich Büssing).
Nach der Scheidung der Eltern nahm Heinrich den Geburtsnamen seiner Mutter an, und hieß nun auch Heinrich Büssing. Da sein Cousin (1895 - 1915) ebenfalls Heinrich Büssing hieß, unterschied man die beiden folgendermaßen: Heinrich (geboren 1893) war 'Heine 1' und Heinrich (geboren 1895) wurde 'Heine 2' genannt. |
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Links: Heine 1 und Heine 2 wurden bei Kriegsausbruch freiwillige Motorradfahrer.
Rechts: Heine 1 auf einem Motorrad im August 1914. |
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Heine 1 wurde bei der FEA 6/ Großenhain zum Flugzeugführer ausgebildet.
Links: Im Kreise von Flieger-Kameraden (Flugzeugführern) und rechts in nagelneuer Flieger-Uniform, als stolzer Flugzeugführer. |
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Heine 1 kam vermutlich im Herbst 1915/ Frühjahr 1916 an die Front. Im Juni 1916 wurde ihm das Eiserne Kreuz 2. Klasse verliehen.
Ende August wurde die Jagdstaffel 5 aus dem Kampfeinsitzerkommando (KEK) A des Kampfgeschwaders 1 aufgestellt. Heine 1 wurde 'Offizier zur besonderen Verfügung' (OzV) der Staffel, die anfangs von Hans Berr geführt wurde und in Bechamp im Bereich der 5. Armee einquartiert war.
Im Juni 1917 wurde Heine 1 zum Leutnant befördert und erhielt im Juli Heimaturlaub. Zwischen August 1917 und Mai 1918 tat er bei der Kampfeinsitzerstaffel (Kest) 4 b im Heimatschutz in Deutschland Dienst. |
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Heine 1 mit seiner Mutter, seinem Stiefvater
und seinen Großeltern (Heinrich und Marie Büssing) 1917 |
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Die Aufnahme zeigt Heine 1 mit seiner Mutter. Sie notiert auf der Rückseite:
'29. November 1917 ist mein lieber Heine mir was vorgeflogen, sehr gut und sicher ist er geflogen, die Aufnahme ist auf dem Flugplatz Freiburg/ Breisgau gemacht, da war ich noch glücklich meinen Heine zu haben - 10.5.18 ist Heine tödlich abgestürzt.'
Freiburg im Breisgau war der Flugplatz der Kest 4 b, die im Heimatschutz tätig war, und alliierte Flugzeuge bekämpfte, die deutsche Städte bombardierten. |
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Heinrich Büssing (Kest 4b) starb am 10. Mai 1918 - beim Testflug mit einem Albatros D Va stürzte er bei Feldberg/ Schwarzwald ab. Er wurde auf dem Hauptfriedhof/ Braunschweig bestattet.
Die Eltern stifteten ein Kirchenfenster zur Erinnerung an den gefallenen Sohn. Es befindet sich in der Kirche zu Mauterndorf/ Salzburger Land in Österreich - dem Wohnsitz der Familie Froß-Büssing. |
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Zu Lebzeiten hatte ihm die Technische Universität Braunschweig den Titel "Dr.-Ing. E. h." verliehen. Der Titel (Ehren halber zur besonderen Würdigung hervorragender Verdienste) galt seiner Leistung zur Sicherung des Eisenbahnverkehrs und der Entwicklung von Lastkraftfahrzeugen. Zu seinem Gedenken verleiht der Braunschweigische Hochschulbund jährlich den Heinrich-Büssing-Preis für herausragende Leistungen von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern.
Büssing erstes erfolgreiches Unternehmen, die Braunschweiger
Eisenbahnsignal-Bauanstalt Max Jüdel & Co (um 1900)
Büssing-Rad (1868), Briefmarke 1985
1869 gründete Büssing in Braunschweig sein erstes Unternehmen, eine "Velocipedes-Fabrik". In einer kleinen Werkstatt produzierte er Fahrräder, die er selbst erfunden hatte. Dabei beschäftigte er schon einige Arbeiter. Der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 zerstörte aber seine weltweiten geschäftlichen Verbindungen. Die nächste Unternehmensgründung war 1870 eine Maschinenbauanstalt in den alten Werkstatträumen. Sie brachte ihm nur wirtschaftliche Schwierigkeiten und hohe Schulden ein. Erfolgreich verlief die von Büssing 1873 gegründete "Eisenbahnsignal-Bauanstalt Max Jüdel & Co". Geldgeber war der jüdische Kaufmann Max Jüdel aus Braunschweig. Büssing erwarb im Eisenbahn-Signalwesen 92 Patente. Dank seines Erfindergeistes konnte der englische Vorsprung im Signalbau-Wesen von Deutschland aufgeholt werden. Das gutgehende Unternehmen lieferte in rund 30 Jahren über 1000 Stellwerke aus.
1903 kam es bei Büssing zu einem radikalen beruflichen Bruch. Statt im Alter von 60 Jahren den Ruhestand zu genießen, zog er sich mit seinen Anteilen aus der "Eisenbahnsignal-Bauanstalt" zurück. Damit gründete er in Braunschweig die "Heinrich-Büssing-Spezialfabrik für Motorwagen und Motoromnibusse". Das Unternehmen produzierte Lastwagen und Omnibusse. Mit der Gründung der "Automobil-Omnibus-Betriebs-Gesellschaft Braunschweig" richtete Büssing 1904 eine Buslinie ein. Sie diente der praxisnahen Erprobung der von ihm entwickelten Fahrzeuge. Fahrplanmäßig verkehrte ein Omnibus für zwölf Personen mit 30 km/h Höchstgeschwindigkeit auf der 15 km langen Strecke Braunschweig - Wendeburg. Weitere Buslinien im Harz (z.B. Braunlage - Bad Harzburg) folgten. 1908 gründete Büssing mit seinen Lastfahrzeugen in Berlin die erste Kraftverkehrsgesellschaft der Welt. 1914 entwickelte Büssing im Auftrag der Obersten Heeresleitung den Büssing A5P-Panzerspähwagen.
Heinrich Büssing wurde zu einem Pionier der Fahrzeugentwicklung und erwarb in diesem Bereich über 150 Patente. Dank seiner Schaffenskraft trug er zur Führungsposition Deutschlands im weltweiten Nutzfahrzeugbau bei. Büssing-Omnibusse waren im Großstadtverkehr von Berlin und London unterwegs. Nach Büssings Tod 1929 führten seine Söhne das Unternehmen weiter, das 1952 rund 4500 Menschen beschäftigte. In den 1960er Jahren wurde das Familienunternehmen in eine Aktiengesellschaft, die Büssing AG umgewandelt, die bald in die allgemeine Absatzkrise rutschte. Als Großaktionär stieg die Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg (MAN) ein. Dies führte 1971 zur Übernahme durch den MAN-Konzern. Von der Büssing AG überlebte nur das alte Firmenlogo, der Braunschweiger Löwe, der bis heute den Kühlergrill von MAN-Nutzfahrzeugen ziert. 